
Der Flughafenvertrag von Bremen: Ein Versprechen auf dem Prüfstand
Seit über drei Jahrzehnten regelt der Flughafenvertrag vom 25. Januar 1989 zwischen der Stadtgemeinde Bremen, der Flughafen Bremen GmbH und der Gemeinde Stuhr die Nutzung der Sonderstartbahnen am Bremer Flughafen. Er war ein Kompromiss zwischen wirtschaftlichen Interessen und dem Schutz der Anwohner – und sollte eigentlich für Verlässlichkeit sorgen. Doch was einst als ausgewogener Konsens gefeiert wurde, steht heute zunehmend in der Kritik.
Worum geht es im Flughafenvertrag?
Im Kern regelt der Vertrag die Nutzung zweier 300 Meter langer Sonderstartbahnen, die an den Enden der regulären Start- und Landebahn liegen. Diese dürfen ausschließlich für spezielle Starts im Rahmen des Airbus-Flügeltransports genutzt werden – und nur dann, wenn der reguläre Betrieb mit der Hauptbahn nicht ausreicht. Die Starts sind streng limitiert: durchschnittlich drei pro Woche, zwei Nachtstarts pro Jahr, maximal 152 Starts jährlich. Dabei ist ausschließlich „leises Fluggerät“ erlaubt.
Doch der Vertrag geht noch weiter: Er räumt den Anwohnern in bestimmten Lärmschutzbereichen explizit einen Rechtsanspruch auf Einhaltung dieser Beschränkungen ein – ein bemerkenswerter Punkt, der den Schutz der Bevölkerung rechtlich absichert.
Was ist daraus geworden?
Trotz der klaren Vorgaben wurde der Vertrag in den letzten Jahren mehrfach verletzt. Die Vereinigung zum Schutz Flugverkehrsgeschädigter VSF und betroffene Anwohner dokumentierten eine Reihe von Verstößen:
Genehmigte Testflüge auf den Sonderstartbahnen,
Nicht genehmigte Landemanöver großer Maschinen,
Fehlende Kontrolle durch den Tower bei der Einhaltung der Startbahnregeln,
Verzögerungen und ausweichende Antworten bei Anfragen an Behörden,
Gerichtsverfahren, bei denen trotz eindeutiger Rechtslage keine nachhaltige Klärung erfolgte.
Diese Entwicklung führt zu wachsender Enttäuschung bei der Bevölkerung – der Eindruck entsteht, dass wirtschaftliche Interessen über vertragliche Verpflichtungen gestellt werden.
Was bedeutet das für die Anwohner?
Der Flughafenvertrag war einst ein Symbol für verantwortungsvolle Stadtentwicklung. Heute wirkt er eher wie ein Versprechen, das nur auf dem Papier gilt. Für viele Anwohner bedeutet das nicht nur steigende Lärmbelastung, sondern auch einen Vertrauensverlust gegenüber Politik und Verwaltung.
Die innerstädtische Lage des Bremer Flughafens, seine begrenzten Ausbaumöglichkeiten und die Konkurrenz durch größere Flughäfen in Hamburg oder Hannover machen eine aggressive Expansionsstrategie ohnehin fragwürdig. Dennoch bleibt der Druck auf eine „Vollnutzung“ der Start- und Landebahn bestehen – auf Kosten der Anwohner.
Wie könnte eine Lösung aussehen?
Ein neuer Konsens könnte gelingen – aber nur, wenn Vertrauen wiederhergestellt wird. Drei Schritte wären dafür zentral:
Vertragstreue garantieren
Die Einhaltung des ursprünglichen Vertrages muss für beide Seiten verbindlich und transparent überprüfbar sein.Transparenz schaffen
Lärm- und Schadstoffbelastungen müssen kontinuierlich gemessen und öffentlich zugänglich gemacht werden.Lärm wirksam begrenzen
Potenziale zur Lärmminderung sollten konsequent genutzt und Nachtflüge – wie vertraglich zugesichert – klar kontingentiert werden.
Fazit
Der Flughafenvertrag von 1989 war ein Fortschritt. Er schützte Anwohner und ermöglichte gleichzeitig die Entwicklung der Luftfahrtindustrie in Bremen. Doch seine Wirksamkeit hängt entscheidend davon ab, ob sich alle Beteiligten an ihre Zusagen halten. Nur dann kann der Vertrag auch in Zukunft als tragfähiger Kompromiss zwischen Wirtschaft und Lebensqualität bestehen.