
Ein Rückblick auf eine umstrittene Entscheidung – und ihre Folgen
Bis 1994 galt in Bremen die Abflugroute „Wesertal“. Diese Route wurde als lärmoptimiert eingestuft, da sie zwei entscheidende Vorteile bot:
Flugzeuge mussten frühzeitig an Höhe gewinnen, was zu einer schnelleren Lärmminderung führte.
Die Route verlief über weitgehend unbewohntes Gelände im Wesertal sowie über gewerbliche Flächen.
Kurswechsel 1994: Einführung der Route über das Funkfeuer Hemelingen
Auf Wunsch der Fluglärmschutzkommission Bremen (FLK) wurde ab April 1994 probeweise eine neue Abflugroute über das Funkfeuer Hemelingen eingeführt. Bereits im Frühjahr 1995 wurde diese Route dann verbindlich festgelegt.
Entscheidend für die Umstellung war nicht die objektive Lärmmessung, sondern die Anzahl der betroffenen Bewohner in bestimmten Stadtteilen: Hätte man die Wesertalroute beibehalten, wären mehr Bürger:innen in Habenhausen-Süd betroffen gewesen. Die neu entstehende Lärmbelastung in Hemelingen, Mahndorf und Arbergen blieb dabei unberücksichtigt. Auch vergleichende Lärmmessungen wurden offenbar nicht durchgeführt. Diese Entscheidung war möglich, da die Beiräte Hemelingen und Osterholz nicht eingebunden wurden.
1997: Analyse durch NIROS zeigt Vorteile der Wesertalroute
1997 überprüfte die Deutsche Flugsicherung (DFS) sämtliche bundesweiten Abflugrouten mithilfe des Simulationssystems NIROS. Das Ergebnis: Alle Routen in Bremen entsprachen den lärmoptimierten Empfehlungen – mit Ausnahme der Route über das Funkfeuer Hemelingen. Die ursprüngliche „Wesertalroute“ wurde klar als lärmoptimiert eingestuft.
Der damalige Fluglärmschutzbeauftragte, Herr Schriever, stellte deshalb für die 94. FLK-Sitzung am 9. Dezember 1998 den Antrag auf Rückverlegung zur Wesertalroute. Grund waren auch zahlreiche Beschwerden aus der Bevölkerung. Der Antrag wurde jedoch ohne Diskussion abgelehnt.
Bis ins Jahr 2000 hielt die Diskussion an – getragen von einer starken Bürgerbeteiligung. Dennoch wurde eine Rückverlegung stets blockiert, unter anderem durch die unveränderte Besetzung der FLK aus dem Jahr 1995, mit nur einem neuen Mitglied für Hemelingen.
2001–2004: Neue Technik, alte Argumente – und dennoch kein Kurswechsel
Im Jahr 2001 unternahm die Vereinigung zum Schutz Flugverkehrsgeschädigter (VSF) einen neuen Vorstoß. Die DFS teilte mit, dass durch moderne GPS-Systeme präzisere Flugrouten möglich seien. Ab dem 15. Juni 2001 starteten daher erste Maschinen testweise wieder über das unbewohnte Wesertal.
Doch am 18. April 2004 entschied sich die FLK in ihrer 113. Sitzung erneut gegen die Rückverlegung – obwohl ihr eigener Ausschuss für lärmmindernde Maßnahmen die Route über das Wesertal empfohlen hatte. Es war erneut eine Entscheidung, die weniger von Sachargumenten, sondern von Interessenlagen geprägt war.
Warum die Wesertalroute bis heute die bessere Alternative bleibt
Flugzeuge steigen schneller – der Lärm am Boden wird früher reduziert.
Das Wesertal ist nahezu unbewohnt – im Gegensatz zu den dicht besiedelten Stadtteilen Hemelingen und Osterholz.
Auch objektive Analysen (z. B. NIROS) bestätigen die Lärmoptimierung.
Rechtsschutz gegen Flugrouten
Betroffene Anwohner:innen haben grundsätzlich die Möglichkeit, verwaltungsgerichtlich gegen festgelegte Abflugrouten vorzugehen. Dabei müssen ihre Lärmschutzinteressen in der Abwägung berücksichtigt werden. Eine Klage hat dann Aussicht auf Erfolg, wenn diese Interessen willkürlich ignoriert wurden oder die Belastung als unzumutbar einzustufen ist.