Zu Ihrer Information legen wir Ihnen im Folgenden die geschichtliche Entwicklung der Abflugrouten nach Osten vor:
Bis 1994 galt die Abflugroute „Wesertal”. Diese Route galt als lärmoptimiert, weil
1. die Flieger schnell an Höhe gewinnen mussten (Erreichen der Flughöhe bereits am Drehpunkt „Habenhauser Deich) und
2. über vorwiegend unbewohntem Gelände (Wesertal) und gewerblich genutzter Fläche geflogen werden konnte.
Ab April 1994 wurde ausschließlich auf Wunsch der FLK-Bremen die Abflugroute übers Funkfeuer Hemelingen probeweise neu festgelegt.
Ab Frühjahr 1995 galt diese neue Route verbindlich.
Ausschlaggebend für diese Route waren nicht vergleichende Lärmwerte an den Messstellen, sondern die …”größere Anzahl der betroffenen Bewohner in Habenhausen-Süd bei Beibehaltung der Wesertalroute „ (Schreiben vom Senator für Umwelt an die VSF vom 23.9.1997). Die neue Betroffenheit der Hemelinger, Mahndorfer und Arberger blieb unberücksichtigt und offenbar auch vergleichende Lärmmessungen, denn Fakt ist, dass auf dieser Route die Flughöhe erst wesentlich später am „Funkfeuer Hemelingen” erreicht wird.
Die Klientelentscheidung zugunsten der Bürger in Habenhausen-Süd war möglich, weil die Beiräte Hemelingen und Osterholz vom Entscheidungsprozess in der Fluglärmkommission (FLK) ausgeschlossen und im wesentlichen Interessenvertreter der westlichen Flughafenseite in der Fluglärmkommission vertreten waren.
Die VSF meint dazu:
Eine Neufestlegung von lärmoptimierten Routen macht nur dann Sinn, wenn nachweislich dadurch weniger Lärm und geringere Betroffenheit entsteht.
Dieser Nachweis wurde nicht erbracht.
Die FLK als beratendes Gremium hat weder den Beirat Hemelingen noch den Beirat Osterholz beteiligt oder deren Betroffenheit abgewogen, obwohl sie dazu verpflichtet ist.
Die neu durch Fluglärm betroffenen Bürger wurden noch nicht einmal informiert.
Die DFS (Deutsche Flugsicherung) als Fachgremium, das die Flugrouten festsetzt, hat, da der Vorschlag auf Neufestlegung von der FLK kam, nur Sicherheitsaspekte abgewogen.
Das halten wir für unzureichend.
1997 überprüfte die DFS ihre festgelegten Abflugrouten bundesweit mit Hilfe eines mathematischen Simulations- und Analysensystems NIROS (Noise Impact Reduction and Optimisation System). „ Es ermittelt optimale Abflugstrecken und errechnet innerhalb eines vorgegebenen Korridors die Route mit der niedrichsten Lärmbelastung , um den Verhältnissen in einer Region auch tatsächlich gerecht zu werden.” (DFS, 21.01.2004)
Alle gültigen Abflugrouten in Bremen stimmten mit der NIROS-Analyse überein. Nur die von der FLK neu vorgeschlagene Flugroute übers Funkfeuer Hemelingen nicht. Als lärmoptimiert wurde die alte „Wesertalroute” von der DFS ermittelt.
Der damalige Fluglärmschutzbeauftragte, Herr Schriever, stellt für die 94. FLK-Sitzung vom 9.12.1998 den Antrag auf Rückverlegung, auch, weil es bis dahin eine große Anzahl von Beschwerden in der Bevölkerung gab.
Der Antrag wird in der FLK abgelehnt. Die FLK Mehrheit akzeptierte die NIROS_Entscheidung nicht, weil zur Ermittlung veraltete Einwohnerzahlen genutzt worden seien.
Die VSF meint dazu:
Angeblich veraltete Daten waren für diese Entscheidung unerheblich, denn schließlich war und ist das Wesertal unbewohnt.
Andererseits ist nicht nur in Habenhausen-Süd die Einwohnerzahl gestiegen, sondern ebenfalls im Beiratsbereich Hemelingen und Osterholz.
Es ist für die VSF daher völlig unverständlich, dass die Fachleute in der DFS, die NIROS umgesetzt hatten, von der FLK nie befragt wurden, ob ihr Argument gegen die Abflugroute Wesertal relevant sei .
Außerdem fragen wir uns, ob es überhaupt statthaft ist, dass Interessenvertreter von politischen Gremien im Westbereich des Flughafens, die von dieser Änderung gar nicht betroffen sind, darüber bestimmen dürfen, wie und was sich auf der östlichen Seite des Flughafens ändert.
Bis 2000
wird diese Diskussion „Abflugroute Hemelingen” contra „Wesertal” weiter geführt aufgrund massiver Beschwerden in der Bevölkerung. Die FLK-Mitglieder, bis auf ein neues Mitglied für Hemelingen in alter Besetzung wie 1995, verhindert weiter die Rückverlegung.
2001
startet die VSF einen neuen Versuch, die Rückverlegung übers das “Wesertal” zu erreichen. Die DFS (Deutsche Flugsicherung) berichtet nämlich, dass mit dem neuen GPS-System genauer geflogen werden könne.
Ab 15.6.2001
starten Flugzeuge mit GPS-System probeweise wieder übers unbewohnte Wesertal.
Am 18.4.2004
spricht sich die FLK in ihrer 113. Sitzung aufgrund einer Empfehlung ihres Ausschusses „lärmmindernder Maßnahmen” wieder für die Abflugroute übers Funkfeuer Hemelingen aus. Wieder entscheidet die Mehrheit, die 1995 die Abflugroute „Hemelingen” eingeführt hat. Eine Optimierung der Route mit Ziel, den Drehpunkt feiner zu justieren, wird nicht weiter verfolgt. Vergleichende Messungen werden auf Nachfrage der VSF nicht vorgelegt.
Die VSF meint dazu:
Diese Entscheidung ist wieder nicht nach Sachlage sondern nach politischer Interessenlage erfolgt.
Zusammenfassung:
Die VSF sieht in der dargestellten Geschichte der Abflugrouten nach Osten keine objektiv nachvollziehbare Kompetenz der FLK-Mehrheit.
Daher weisen wir Sie auf folgende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hin.
„Anwohner von Flughäfen können gegen die Festlegung von Abflugrouten grundsätzlich verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen. Die Festlegung von Flugrouten enthält auch planerische Elemente, so dass die Lärmschutzinteressen der betroffenen Bevölkerung in die Abwägung einbezogen werden müssen. Ein Kläger hat allerdings nur dann Erfolg, wenn das Interesse der Kläger am Schutz vor unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen willkürlich unberücksichtigt bleibt.” Quelle: Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichtes Nr. 23/2000